Max, Ben und Dennis auf der Deutschen Meisterschaft
Ein herzliches Hallo an alle Daheimgebliebenen, Varreler Fans und auch an alle von mir solange penetrant Bequatschten, dass sie doch bitte, bitte, bitte auf unserer Homepage lesen mögen, bis sie es nun endlich tun. Ich melde mich aus Willingen, um euch mit Infos über die Deutschen Jugendmeisterschaften im Schach zu versorgen, quasi direkt von der Quelle. Der Fokus wird dabei natürlich auf Max Weidenhöfers Abschneiden in der Altersklasse U12 liegen.
Willingen liegt in Hessen, per Definition so einigermaßen Richtung geographischer Mitte Deutschlands gelegen, und ist dem geneigten Leser vermutlich als Wintersport- und Schachmekka bekannt.
Schon des öfteren in der Vergangenheit hat hier die Deutsche Jugendmeisterschaft stattgefunden, so auch bei Max‘ Premierenteilnahme 2017. Für mich war es die erste Deutsche Meisterschaft.
Ein Jahr harter Arbeit und eine erfolgreiche Bremer Meisterschaft später war Max also wieder hier. Die Landesmeisterschaft, welche das Qualifikationsturnier für Willingen war, hatte er auf dem 1. Platz abgeschlossen und damit einen der zwei begehrten Startplätze in seiner Altersklasse ergattern können. Wer Max nicht kennt, darf sich gerne einmal das Video oben rechts anschauen.
Diesmal hatte Max auch seinen Bruder mitgebracht. Ben ist unser jüngstes Vereinsmitglied und tritt im offenen U8-Turnier an. Ebenfalls mit dabei ist ihre Mutter als Begleitung und schließlich bin ich selbst nicht nur als passionierter Schreiberling vor Ort, sondern auch als einer der Landestrainer der Bremer Schachjugend.
Als Mitglied der Bremer Delegation bin ich dabei nicht nur für Max zuständig, sondern habe als Trainer gleich drei Schützlinge zu betreuen. Das sind noch die Bremer Mädchenmeisterin Emmilie König vom Delmenhorster SK, die in der U18w antritt, sowie Timo Block von den SF Bremer Osten, der einer von gleich vier Bremer Startern in der U14, unserer stärksten Klasse, ist.
Max ist dabei in der U12 in der oberen Hälfte gesetzt, nämlich an Position 22 unter 56 Spielern. Sein Ziel lautet ein Platz unter den besten 20. Bzw. in Punkten ausgedrückt mindestens 6 aus 11.
Deutlich schwieriger wird das Unterfangen erste Deutsche Meisterschaft für Timo (Startnummer 40 unter 46 Teilnehmern) und Emmilie (Nr. 26 von 26).
19.05.
Das war der Anreisetag, der ist immer Stress. Familie Weidenhöfer hatte sich entschlossen, mit dem Auto nach Willingen zu reisen, und kam trotz Baustellen und Pfingstferien auch gut durch. Ich hatte mich der Bremer Delegation, die mit der Bahn anreisen wollte, angeschlossen, was ebenfalls gut funktionierte. Lediglich gegen Ende der Reise wurde statt eines unserer Züge ein Schienenersatzverkehr eingesetzt. Der Zeitverlust hielt sich aber in Grenzen.
Unsere Unterkunft und zugleich auch Spielort ist das Sauerland Stern Hotel, dessen Schreibweise ich von der hoteleigenen Homepage übernommen habe. Scheint also korrekt zu sein, auch wenn es mich als großen Freund des Bindestrichs ein wenig in den Fingern juckt.
Für mich persönlich hätte es auch etwas weniger Luxus getan. Dann wäre man vielleicht mit weniger als 70 Euro pro Tag auskommen. Ich kenne mich da ja nicht aus, aber offenbar wäre eine Stadt- oder Turnhalle mit Übernachtung in einer Jugendherberge kein passendes Ambiente für eine Deutsche Meisterschaft. Na ja, kann man schon machenm es ist eben nicht jede Woche DEM. Und schließlich steht nirgendwo geschrieben, dass Schach ein Spiel auch für arme Leute oder gar für jedermann sei. Nun denn.
Für Ben begann das Turnier schon heute mit Runde 1, die er als zweiter Sieger abschloss. Morgen wird alles besser, der Plan lautet, in Runde 2 erster Sieger zu sein.
Max darf sich in Ruhe noch ein wenig akklimatisieren und startet morgen früh ins Turnier. Ein Highlight war aber sicher die Eröffnungsfeier, bei der die beiden an der Seite des Bremer Fahnenträgers Timo Block einmarschieren durften.
20.05.
Die mit Sicherheit lang ersehnte Fortsetzung meines Berichts beginnt mit dem Sonntagmorgen. Erste Runde. Max ist Favorit gegen den Berliner Andranik Movsisyan (DWZ 1444), von dem sich, sofern man seinen Namen denn korrekt schreibt, durchaus so einige Partien in der Datenbank finden lassen. In der Annahme, es würde die Skandinavische Verteidigung auf’s Brett kommen, hatten wir bereits am Vorabend eine Variante ausgearbeitet, und zu meiner großen Freude konnte Max mit der gewünschten Zugfolge eine gute Stellung erreichen, die er schnell zum Sieg führen konnte. Ein Auftakt nach Maß in der so wichtigen ersten Runde, damit Max nun hochgelost wird und nicht das ganze Turnier über an den hinteren Brettern kleben bleibt.
Die Nachmittagsrunde bescherte ihm sodann die Nr. 3 der Setzliste, Jonas Eilenberg (1925), ebenfalls aus Berlin. Mit den schwarzen Steinen spielend hatten wir beabsichtigt, eine gewagte Eröffnung zu spielen, um Gewinnchancen zu erhalten.
Während Max nun also grübelte, wie er seinen Angriff am besten fortsetzen sollte, begab ich mich in den Kommentatorenraum, in dem GM Artur Jussupow das Spiel von Max und insbesondere seinen Zug 16…d3 lobte. Leider werden die Partien zeitversetzt übertragen und somit wusste ich bereits, dass Max nicht der Empfehlung des Großmeisters folgend den Turm geschlagen hatte und leider auch nicht ins Endspiel mit Mehrbauern abgewickelt hatte, sondern die Damen auf dem Brett beließ. Das Ende vom Lied: Wenige Züge später drohte Matt und Damenverlust und Max gab auf. Das ist zwar kein Beinbruch, aber richtig ärgerlich, wenn man eine klare Gewinnstellung hatte.
Zwischenzeitlich hatte Ben sein Tagespensum bereits absolviert, im Kika-Turnier standen heute drei Runden an. Dabei blieb Ben ungeschlagen, einmal gewann er, zweimal einigte er sich mit seinen Gegnern auf Remis. Die meisten seiner Gegner verfügen dabei bereits über eine DWZ, so dass er auf sein Ergebnis von bislang 50% umso stolzer ist. Allerdings wird dieses Turnier auf Grund der Bedenkzeit von nur 30min pro Spieler nicht ausgewertet.
Der Tag wurde nach dem Abendessen im Schwimmbad ausklingen gelassen, ehe dann die Vorbereitung auf die nächste Runde anstand. Rundenbeginn am Montag wieder um 8.30 Uhr.
21.05.
Der Tag begann mit dem Treffen auf meinem Zimmer zur Eröffnungsvorbereitung noch vor dem Frühstück. Natürlich hatten wir uns auch am Abend zuvor bereits unsere Gedanken gemacht, doch weil erst spät ausgelost wurde und dann bald die Nachtruhe einzuhalten war (die U12-Spieler sollen um 21.30 Uhr auf ihren Zimmern sein), gab es heute die Fortsetzung. Hat auch den Vorteil, dass man nicht über Nacht wieder die Hälfte vergisst. Die Älteren hatten am Vormittag spielfrei, so dass ich mich voll und ganz auf Max konzentrieren konnte.
Leider konnte Max, obwohl wir eine seiner Lieblingsvarianten erwartet hatten, keinen Angriff entwickeln und kämpfte alsbald ums Remis. Sein Gegner Frido Sallandt (1531) aus Schleswig-Holstein hatte bislang 1,5 aus 2 gegen stärkere Gegner geholt, gab sich aber offenbar mit wenig zufrieden und bot direkt im 21. Zug Remis an (vorher ist das bei diesem Turnier verboten). Max war mit seiner Stellung nicht zufrieden und nahm gerne an, alles halb so wild, es folgen ja noch acht Partien.
Die Nachmittagsrunde war wichtig, nun gab es wieder einen nominell etwas schwächeren Gegner, also eigentlich eine Pflichtaufgabe. Aber wer auf einer Deutschen Meisterschaft ist, hat sich die Teilnahme auch verdient, da gibt es im Grunde keine leichten Gegner. Semir Ljuca aus Baden (1367) entschloss sich in Anbetracht der halboffenen h-Linie für die lange Rochade, was ihn jedoch alsbald die Dame nach einem Läuferspieß kostete. Damit der nächste Punkt für Max, mit 2,5 aus 4 liegt er im Soll und hatte sich einen weiteren Besuch im Schwimmbad verdient.
Werfen wir auch einen kurzen Blick auf meine beiden weiteren Schützlinge. Emmilie startete mit zwei Schwarzpartien und zwei erwartbaren Niederlagen ins Turnier, konnte aber in Runde drei gegen eine Gegnerin mit über 100 DWZ-Punkten mehr ihr erstes Remis erzielen. Da sie an letzter Position gesetzt ist, darf jeder halbe Punkt natürlich als Erfolg gewertet werden.
Timo hingegen hat bislang leider 0 aus 3, obwohl er dreimal aussichtsreich stand und sicherlich mehr verdient gehabt hätte. Aber wenn er so weiterspielt, wird er mit Sicherheit bald die ersten Puntke einfahren.
Die Bremer Schachjugend hat mich also sozusagen als Experten für das Londoner System engagiert; gut, dass wir die Kommentarfunktion auf dieser Seite deaktiviert haben, ich kenne da so ein, zwei Vereinskameraden, deren Wertschätzung dieser Eröffnung eher gering ausfällt und die vermutlich die Notwendigkeit eines solchen Experten in Zweifel ziehen würden. Darüber hinaus habe ich noch behauptet, mich mit Französisch auszukennen. Also bin ich auch für diese Eröffnung dabei. Voilà! Ihr seht, das war nicht gelogen.
Drittens bin ich auch noch Experte in Sachen Max und somit logischerweise auch für ihn zuständig. So viel zur Rekonstruktion meines Bewerbungsgesprächs.
Mein Job besteht also darin, die Spieler bestmöglich vorzubereiten. „Aber wie bereitet sich der Vorbereiter auf das Turnier vor?“, werdet ihr vielleicht fragen.
Nun, neben dem offensichtlichen (also Wettervorhersage checken, wie viel Zentimeter Neuschnee denn zu erwarten sind, Socken ein-, aus- und wieder einpacken und natürlich allen entfernt Bekannten und Verwandten mitteilen: „Wir fahren zur Deutschen Meisterschaft!“) waren das im Wesentlichen drei Dinge.
Zunächst musste ich mir einen Überblick über die Stärken und Schwächen meiner Schützlinge und natürlich ihr Eröffnungsrepertoire verschaffen. Dann geeignete Schlüsse daraus ziehen, wie sich wohl ihre Gegner darauf vorbereiten würden, um selbst entsprechend reagieren zu können. Und schließlich galt es einen Plan zu erarbeiten, was ich den Spielern empfehlen möchte. Dieses Turnier ist, da keiner realistische Chancen auf den Meistertitel hat, vielmehr als ein Trainingslager zu sehen, mit dem Ziel langfristig die eigene Spielstärke signifikant zu steigern.
Deswegen halte ich z.B. wenig davon, den Kindern eine Eröffnung zu empfehlen, die nur auf den nächsten Gegner zugeschnitten ist und danach vermutlich nie wieder auf‘s Brett kommen wird. Langfristig profitiert man schließlich eher wenig von diesen Einwegvarianten (Nigel Short bemüht hierfür, glaube ich, einen weniger jugendfreien Ausdruck).
Stattdessen versuche ich die Stärken der Kinder herauszuarbeiten, damit sie zu Experten in ihren eigenen Eröffnungen werden. Mal gucken, wie das so klappt…
Kommen wir zum Abschluss auf das offene Kika-Turnier zu sprechen, welches heute mit drei weiteren Runden zu Ende ging. Ben gewann die ersten zwei und musste sich erst in der letzten Runde wieder geschlagen geben. Damit standen am Ende 4 Punkte aus 7 Partien zu Buche, ein mehr als respektables Ergebnis. Bei der Siegerehrung, bei der natürlich das allseits beliebte Maskottchen nicht feheln durfte, erhielt jeder Spieler eine Urkunde und einen Preis. Auch mit einem Freizeitprogramm für die Jüngsten hat sich die Deutsche Schachjugend viel Mühe gegeben. Allen Teilnehmern hat es eine Menge Spaß gemacht, vermutlich wird man viele von ihnen in den nächsten Jahren im großen Turnier wiedersehen, wenn sie sich für die höheren Altersklassen qualifizieren.
22.05.
Nur eine Runde am heutigen Dienstag, also endlich mal so etwas wie Zeit zum Durchatmen. Die Partie gegen den an 4 gesetzten Matteo Metzdorf lief im Grunde wie erwartet. Max spielte wie geplant ein Gambit, stellte dann aber unnötigerweise alsbald einen zweiten Bauern ein. Zwar kämpfte er noch lange weiter, bekam einen Bauern wieder zurück, war dicht dran am Ausgleich, doch im Endspiel setzte sich der Favorit durch. Das ist dann eben doch der Spielstärkeunterschied, so weit ist Max noch nicht.
Der für den spielfreien Nachmittag geplante Ausflug mit der Seilbahn fiel leider einem plötzlich aufziehenden Gewitter zum Opfer.
So blieb es also wieder einmal beim Besuch im Schwimmbad als Alternativprogramm.
23.05. Vormittag
Ab heute ist Max sozusagen auf sich alleine gestellt, sein Bruder und seine Mutter sind gestern abgereist. Doch mit seinen Zimmerkollegen Collin Colbow, Theis und Erik Pahl, die allesamt in der U14 antreten, wird die Zeit bestimmt nicht langweilig.
Wie üblich kommt Max um 7.30 Uhr zu mir zwecks Vorbereitung. Die Eröffnung lief auch ganz gut, jedoch scheute der Weißspieler ein wenig das Risiko, so dass sich schnell eine Punkteteilung andeutete. Da sein Gegner, Cristiano Amato aus Baden, mit 1624 Punkten nur eine geringfügig niedrigere DWZ vorzuweisen hat als Max, darf man mit diesem Resultat sicherlich zufrieden sein.
Nun also Mittagessen, eine halbe Stunde Vorbereitung und auf geht‘s zu Runde 7. Bislang steht Max bei 50%, Zeit wieder ins Plus zu kommen.
23.05. Nachmittag
Na bitte, es geht doch. Gegen den Brandenburger Kay Hoffmann (1503), der uns in der Eröffnung statt der erwarteten Skandinavischen Verteidigung mit 1…g6 überraschte, gelang Max der nächste Sieg. Dabei profitierte er, nachdem er in lange Zeit geschlossener Stellung nicht so recht einen Plan gefunden und dann zwei Bauern eingebüßt hatte, von einem Einsteller des Gegners. Mit Qualität mehr gewann Max das Endspiel dann sicher.
Eröffnungsvorbereitung ist manchmal schwierig. Timo, den ich ebenfalls zu betreuen habe, wurde mit 1…Sa6 konfrontiert. Den hatten wir auch nicht erwartet. Er schlägt sich aber gut, 2 aus 6 gegen ausschließlich stärkere Gegnerschaft. Auch Emmilie hat schon zwei Überraschungen geschafft, insgesamt also ein zufriedenstellendes Ergebnis für Team Dennis.
24.05.
Nur eine Runde am Donnerstag und dann auch noch Rundenbeginn um 14.30 Uhr. Wir kamen also in den Genuss, einmal ausschlafen zu dürfen. Weiterer Luxus in Form von Freizeit war jedoch schwierig. Zum einen bewegte sich das Wetter wieder einmal irgendwo zwischen regnerisch und trüb, zum anderen konnte dieser freie Vormittag ideal zur Vorbereitung genutzt werden. Die Gegner tun es ja schließlich auch, da muss man entsprechend mithalten.
Diesmal gelang es Max, seinen Gegner Adam Lutz (1740) aus Sachsen als erster zu überraschen. Dieser spielte enorm scharf, opferte bald eine Figur, eine weitere gleich hinterher und so hatte Max vermutlich die Chance, die Partie sogar zu gewinnen. Er entschied sich für eine mit weniger Komplikationen behaftete Fortsetzung, bei der er sicher sein konnte, nicht mattgesetzt zu werden, woraufhin die Partie schließlich remis endete. Mit Schwarz ein weiteres gutes Ergebnis, auch wenn er vielleicht dem Sieg näher war als sein Kontrahent.
Dass das Turnier an den Kräften zehrt, sieht man auch daran, dass Max erstmals nicht am Abend zur Vorbereitung kam, sondern erst am folgenden Morgen um 7.30 Uhr. Bislang hatten wir immer zwei Sitzungen eingelegt, um das Gelernte auch nochmal wiederholen zu können.
25.05. Vormittag
Am Freitag steht für die U12 mal wieder eine Doppelrunde an. Gegen Kevin Haack (1792) aus Hessen ergab sich endlich die Gelegenheit, eine im letzten halben Jahr einstudierte Eröffnung auszuprobieren. Das lief auch im Grunde nicht schlecht, bis Max dann keinen guten Plan mehr sah, wie er seine Stellung verbessern könnte, und sich zur Zugwiederholung entschloss, der sein Gegner gerne Folge leistete. Kleiner Tipp an alle: In solchen Fällen bloß nicht den Computer befragen, das ist schon immer ein Nackenschlag, wenn die Engine die Endstellung, in der man sich auf Remis geeinigt hat, als glatt gewonnen einschätzt. Nicht mehr zu ändern, nun heißt es Mittagessen, Kraft tanken und heute Nachmittag wieder voll angreifen. Max‘ Mutter ist auch wieder da, dementsprechend sollte es mit der moralischen Unterstützung nochmal einen zusätzlicher Schub für die letzten beiden Runden geben.
25.05. Nachmittag
Nun ist es doch mal an der Zeit zu hadern. Max spielte heute die längste Partie der Runde, alle 57 übrigen Bretter der U10 und U12 waren vor ihm beendet (die Älteren hatten am Nachmittag spielfrei). Das ist insofern überraschend, weil Max bereits ausgangs der Eröffnung die Initiative übernommen hatte und gegen den Hessen Nils Lehmann (1654) alsbald besser stand. Ein paar schöne, die Stellung verstärkende Züge später und Max stand klar auf Gewinn.
Doch dann begann das Drama: Hier mal ein Matt in 6, dort mal ein Damengewinn – Max ließ an Chancen aus, was es auszulassen gab. Und das, ohne dass er vom Gegner unter Druck gesetzt worden wäre; dieser verteidigte sich ganz friedlich passiv mit Dame im Abseits und eingemauertem Turm. Das alles auch noch bei Materialvorteil für Max. Etwa 50 Züge lang stand er auf Gewinn, zum Schluss entstand ein Endspiel mit Freibauern für beide Seiten, aus dem Max dann mit Qualität weniger, dafür aber zwei Bauern mehr hervorging. Hier einigten sich beide Spieler dann nach 83 Zügen auf Remis. Das war definitiv zu wenig und reiht sich mittlerweile ein in eine größere Zahl vergebener Chancen in diesem Turnier.
Max steht nun bei 5,5 aus 10 und hat somit verpasst, sein selbstgestecktes Ziel von 6 Punkten bereits eine Runde vor Turnierende zu erreichen. So muss also morgen noch ein gutes Ergebnis her.
26.05.
So, wir sind wieder daheim und ich habe auch wieder Internet. Das war am letzten Tag nicht mehr verfügbar im Hotel.
Leider lief die letzte Runde nicht gut. Schon die Auslosung hätte besser laufen können, Max‘ Gegner Gino Rössel war früher in der U10 Zweiter und damit für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Also kein Anfänger. Über die Niederlage in dieser Partie braucht man sich nicht groß zu ärgern, da war im Prinzip nichts drin. Passiert, manche Gegner sind eben übermächtig. Damit fiel Max leider in der Schlussrunde wieder auf 50% zurück und belegt in der Endtabelle Rang 29. Das ist eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahr (Platz 50) und er hat satte 1,5 Punkte mehr erspielt als noch 2017. Angesichts einiger verpasster Chancen im Turnierverlauf, gerade in Runde 10, wäre aber ein halber Punkt mehr und damit verbunden das Erreichen des selbstgesteckten Ziels absolut im Bereich des Machbaren gewesen.
Es fehlte gegen Ende des Turniers wohl ein wenig die Kondition, immerhin waren wir über eine Woche lang in Willingen und an den meisten Tagen wurden auch noch Doppelrunden gespielt. Außerdem waren einige Remis zu viel dabei, da müssen wir noch am „Killerinstinkt“ arbeiten. Ansonsten kann man viel Positives sagen. Das Turnier ist hervorragend organisiert, ohne dass ich konkret Verbesserungsvorschläge anbringen könnte. Große Zimmer und gutes Essen im Hotel, der Spielsaal direkt nebenan. Liveübertragung der meisten Partien, Kommentar von Großmeistern vor Ort. Umfangreiches Rahmenprogramm. Und natürlich eine nette Truppe, mit der wir unterwegs waren. Es war auf alle Fälle ein Erlebnis, Wiederholung wärmstens empfohlen. Max‘ Leistung war gut, aber nicht überragend. So hundertprozentig zufrieden ist er nicht. Das ist aber auch völlig richtig; wenn man immer mit allem zufrieden ist und in jeder Niederlage nur das Positive sieht, entwickelt man auch nicht den Ehrgeiz, jemals besser zu werden. Also: In den vergangenen zwölf Monaten hat Max viel erreicht und große Fortschritte gemacht. Sein Potenzial voll ausgeschöpft hat er aber noch nicht.
Der beste Bremer seines Jahrgangs ist Max bereits. Nun nehmen wir uns als neues Ziel vor, bundesweit unter die Top20 zu kommen. Und natürlich möchte Max auch 2019 wieder zur Deutschen Meisterschaft fahren. Leicht wird das nicht, dann muss er nämlich bereits in der U14 antreten.
Ein letzter Blick auf meine Tätigkeit: Mir hat es viel Spaß gemacht, mich eine Woche lang intensiv mit Schach zu beschäftigen. Viel Freizeit war nicht dabei, aber den Kindern konnte ich hoffentlich ein wenig weiterhelfen. Sowohl Timo als auch Emmilie bekamen ausnahmslos stärkere Gegner vorgesetzt, schafften aber beide einige Überraschungen und nehmen ein kräftiges DWZ-Plus mit nach Hause. Für die erste Deutsche Meisterschaft nicht schlecht.
In diesem Sinne verabschieden wir uns aus Willingen und sagen „Bis zum nächsten Jahr!“.