Stefan und Mathis greifen nach dem Pokal der Prinzessin


Die Schulferien sind noch nicht einmal zu Ende, da stand schon das erste Highlight der jungen Saison an. Der Princess-Cup in Wildeshausen wurde wie jedes Jahr am letzten Sommerferienwochenende ausgetragen.

Beginnen wir mit dem Fazit. Ich muss sagen, der Princess-Cup avanciert bei kleinem zu einem meiner Lieblingsturniere.

Zu gewinnen gibt es ein paar Pokale, Geld, Ruhm, Ehre und Eis. Ach ja, und Krawatten mit Stadtmusikaten-Emblem.

Die Idee ist simpel: Ein Open für Spieler, deren DWZ unter 1.500 Punkten liegt. Hier haben also mal diejenigen Spieler Gelegenheit zu glänzen, die sonst eher selten im Rampenlicht stehen. Naturgemäß sind dabei immer eine Menge Jugendspieler am Start. Auch den Schwächeren im Teilnehmerfeld wird der gebührende Respekt gezollt; es werden diverse Ratingpreise ausgelobt, in jeder Runde Sachpreise für die jeweiligen Sieger an drei zufällig ausgewählten Brettern bereitgestellt, dazu noch Eisgutscheine für die am längsten kämpfenden Recken oder die am eindrucksvollsten kombinierenden Taktiker verteilt. Kurzum: Beim Princess-Cup trifft man sich nicht, um gnadenlosen Wettkampf zu betreiben, sondern um einem gemeinsamen Hobby zu frönen. Jeder Teilnehmer ist wichtig, jeder kommt zu seinem Recht. In der mittlerweile 12. Auflage scheinen die Turnierorganisatoren Dirk Rütemann und Jens Kahlenberg diese Formel perfektioniert zu haben.

Nicht ohne Neid blicke ich nun also auf die Vereine, deren diesjähriges Teilnehmerkontingent nicht einmal in zwei Pkw unterzubringen wäre. Davon können wir nur träumen. Doch immerhin zwei Aktive des TuS Varrel vertraten bei herrlichem Sommerwetter unsere Farben. (Blau. Und ein bisschen Weiß.)

Von Stefan Menke dürfte der geneigte Leser bereits ein Bild im Kopf haben. Er spielt in vielen Artikeln auf dieser Seite eine Hauptrolle. Mitgebracht hatte Stefan seinen Schüler Mathis Ristedt, 12 Jahre alt, der kurz vor Ferienbeginn dem Verein beigetreten ist und sich nun an sein erstes größeres Turnier wagte. Mit Erfolg, wenn ihr mir den Spoiler verzeihen mögt. Weiterlesen lohnt selbstverständlich trotzdem.
Auch ich selbst war als Maskottchen dabei, drückte beiden Varrelern – gerecht verteilt – je einen Daumen und freute mich, dass noch so einige weitere Teilnehmer aus anderen Vereinen vor Ort waren, mit denen ich in der jüngeren Vergangenheit mal die eine oder andere Trainingsstunde abgehalten habe. Warum sollte mein Wirken auch auf Varrel beschränkt sein? Adepten unseres schönen Spiels gibt es schließlich überall.
Nach deren Beendigung ließ ich mir gerne die Partien vorführen und gab dazu geistreiche Kommentare zum besten, vorzugsweise Variationen des Klassikers „Loose pieces drop off“.

Stefan gewann zwar weder den Wanderpokal noch den Titel als „Prinzessin“, doch konnte er seiner DWZ-Karteikarte einen neuen Rekordwert hinzufügen. P.S. Liebe Kinder, Rauchen ist tödlich. Und kostet Bedenkzeit.

 

Unter 47 Teilnehmern war Stefan an Position 11 gesetzt und versuchte sich des Ansturms der bestimmt gnadenlos unterbewerteten Meute an Kindern zu erwehren, die gegen Ende ihrer Ferien gut ausgeruht das Schachbrett dem Schwimmbad vorzogen. Der Start am Freitag glückte mit 2 aus 2, so dass Stefan sich am folgenden Morgen am Livebrett wiederfand. Seine Vereinskameraden konnten also, während sie sich ihr Frühstück schmecken ließen, Stefans müheloses Remis gegen die Nr. 2 der Setzliste verfolgen. Ab dann musste wieder ohne Bild- oder Tonverbindung von zuhause aus mitgefiebert werden, wobei der gedankliche Support wohl ein wenig abgeflaut sein muss, setzte es doch die erste Niederlage. Der Samstag ist hart, es folgte noch eine dritte Partie, welche Stefan und der Delmenhorsterin Emmilie König ihr bereits achtes Aufeinandertreffen bescherte. Diesmal konnte sich wieder Stefan durchsetzen.

Anders als so manche ihrer Kollegen in den bekannten Schöpfungsgeschichten lässt die Schachgöttin, gemeinhin Caissa genannt, ihre Jünger am Sonntag keineswegs ruhen und so folgten noch zwei weitere Runden Denksport vom Feinsten. Nach einer vormittäglichen Niederlage konnte Stefan dem Neubruchhausener Wolfgang Beck, der vor zwei Jahren als einer von bislang lediglich zwei Erwachsenen in der Historie des Turniers den riesigen Wanderpokal erringen konnte, ein Remis abtrotzen. Da er seine Pflichtaufgaben, wann immer er in der Favoritenrolle war, erfolgreich lösen konnte und gegen die vier stärkeren Gegner immerhin zwei halbe Punkte ergatterte, schraubt Stefan seine DWZ nunmehr auf ein neues Allzeithoch.

Das tat auch Mathis. Zugegeben, seine erste Zahl in Höhe von 752 Punkten versetzt noch nicht allzu viele Gegner in Angst und Schrecken; seine Spielweise in Wildeshausen tat dies indes bisweilen sehr wohl. Den 500 Punkte stärkeren Bremer Werner Kadagies hatte Mathis gleich in Runde 1 am Rande einer Niederlage, gönnte seinem mehr als siebenmal so alten Gegner im Endspiel dann aber doch noch ein Remis. Nichtsdestotrotz war dieser erste Erfolg gegen einen erwachsenen Gegner natürlich perfekt für’s Selbstvertrauen. Am Nachmittag fand Mathis dann mit einer Figur weniger im Endspiel gegen den mehr als 600 Punkte stärkeren Werderaner Dr. Andreas Salm einen tollen Patttrick inklusive sehenswerten Turmopfers. Dass Mathis noch nicht konstant auf diesem Niveau spielen kann, bewies der folgende Tag, an dem er mit drei Niederlagen in Serie auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde. Doch die Krönung hatte sich der Kirchweyher Sechstklässler für den Schlusstag aufgespart, an dem er beide Partien gewann – diesmal gegen Jugendliche und erstmals auch gegen eine Gegnerin im vierstelligen Bereich. Nach einem vom Trainer ausgegebenen Eis als zünftige Belohnung ging es mit einem glücklichen Lächeln auf dem Gesicht und daüber hinaus noch 100 DWZ-Punkten Zuwachs auf dem Konto am Ende eines langen Schachwochenendes wieder nach Hause.

Den Turniersieg machten wie so oft die Jugendlichen unter sich aus. Jannes Gerdes aus Bad Zwischenahn siegte im Stechen gegen Mohamad Alhamid aus Delmenhorst. Wie so viele vor ihnen werden beide aber sicherlich im kommenden Jahr zu stark sein und die Obergrenze überschritten haben, um noch einmal am Turnier teilnehmen zu dürfen. Die Chance also für die Varreler Kids, in diese Lücke vorzudrängen. Denn auch im nächsten Jahr werden wir selbstverständlich wieder zum Princess-Cup nach Wildeshausen reisen. Vielleicht ist die A1 dann fertiggestellt (kleiner Abschlussgag) und vielleicht benötigen wir dann ja mal mehr als ein Auto, um alle Varreler mitzubekommen.

P.S. Im heutigen Zeitalter muss man, was die Veröffentlichung von Fotos betrifft, ja sehr vorsichtig sein. Deshalb entschuldige ich mich ausdrücklich für den oben anzutreffenden fotografisch schlechten Stil, radikal jemandes Füße abzuschneiden und auf der Fensterbank zu platzieren. Ich hoffe inständig, vom Besitzer besagter Füße nicht verklagt zu werden und möchte anbieten, auf dessen Wunsch hin einen weiteren Schnitt vorzunehmen. 

TuS Varrel on tour 2018
TuS Varrel on tour: Sparkassen-Cup in Gütersloh