Das beste Training ist, Turniere zu spielen
Die Osterferien kommen mit schnellen Schritten näher und damit die Zeit des Jahreshöhepunkts: Die Bremer Jugend-Einzelmeisterschaften. Während wir 2018 Ausrichter des Turniers waren, können wir dieses Jahr ganz entspannt als Gäste nach Delmenhorst reisen und den Stress der Organisation anderen überlassen. Um pünktlich in Form zu kommen, scheuen die Varreler Spieler bekanntlich keine weiten Wege, wenn es irgendwo ein schönes Turnier gibt.
Der März begann mit dem Bremen-Norder Schulschachturnier im Gymnasium Vegesack, einem offenen Turnier für Spieler bis zur 10. Klasse. Das ist eine auch für Anfänger wirklich überaus empfehlenswerte Veranstaltung, bei einer großen Zahl der Teilnehmer handelt es sich nämlich um vereinslose Spieler und um Anfänger. Die meisten Vereine hatten tatsächlich eher ihre Neulinge mitgebracht und diejenigen, die bereits ein bis zwei Regalreihen voller Pokale stehen haben, zu Hause gelassen.
Insofern zählten die vier Varreler, die allesamt bereits eine DWZ vorweisen konnten, wenn auch eher im dreistelligen Bereich, hier schon zu den alten Hasen.
Ben trat als jüngerer Jahrgang in der Kategorie der Dritt- und Viertklässler an. Dabei befand er sich immer auf Tuchfühlung zu den Podestplätzen, erst eine Schlussrundenniederlage warf ihn auf den 6. Platz zurück. Mit 4,5 von 7 möglichen Punkten ein weiteres starkes Turnier, das einmal mehr zeigt, dass Ben längst kein Anfänger mehr ist.
Die anderen drei Varreler gingen in der mit 38 Teilnehmern gut besuchten Gruppe der Fünft- bis Siebtklässler an den Start. Dabei vermieden sie es gekonnt, sich gegeneinander losen zu lassen, um stattdessen die Konkurrenz das Fürchten zu lehren. Ein tolles Bild gab die Tabelle nach Runde 5 ab, als alle drei mit 4 Punkten den geteilten 2. Platz belegten.
Doch leider verloren sowohl Nils als auch Tom ihre beiden letzten Partien und mussten somit eine leichte Enttäuschung auf dem Heimweg verdauen. Mathis, der sich auf der Hinfahrt erinnerte, bereits bei der Premiere der Veranstaltung vor Jahresfrist den 4. Platz belegt zu haben, landete nach seinem Sieg in Runde 7 mit fünf Punkten ebendort – nur einen Buchholzpunkt vom lang ersehnten ersten Pokal entfernt. Nichtsdestotrotz stimmt auch bei ihm der Trend, seine Ergebnisse werden mit der Zeit immer besser.
Eine hervorragende Organisation und ein interessantes Teilnehmerfeld ließen uns trotz des sportlich etwas enttäuschenden Endes jedenfalls nicht bereuen, dass wir das Alternativprogramm in Form der vereinsinternen Kohltour geschwänzt und uns für die geistige Betätigung am Brett entschieden haben. Im nächsten Jahr kommen wir gerne wieder.
Auch während der Schulzeit wird ja bisweilen fleißig Schach gespielt, werfen wir also als nächstes einen Blick auf die Niedersächsischen Schulschachmannschaftsmeisterschaften. Drei Teams von drei benachbarten Schulen hatten sich in drei verschiedenen Altersklassen für das Bezirksfinale qualifiziert, das diesmal in Hildesheim ausgetragen wurde.
Anders als so manche Bremer, die jedem, der sich auch nur vage in Hörweite befindet, ihr Leid klagen, wenn sie bei der Reise zu einer Bremer Meisterschaft einmal die Weser überqueren müssen und womöglich keine Straßenbahn direkt vor der Eingangstür des Spiellokals hält, zauderten wir nicht lange und mieteten uns gemeinsam einen kleinen Bus. Abfahrt um 6.30 Uhr, zweieinhalb Stunden Fahrtzeit. Pro Strecke.
Moordeich, Brinkum und Leeste sind schließlich keine Rivalen, sondern Freunde und Nachbarn, und so betrieben wir auf der Hinfahrt bereits ein wenig Verbrüderung, Verschwesterung und – nun ja, die kürzliche Einführung eines dritten, interdisziplinären Geschlechts lässt leider meine sprachlichen Fähigkeiten an ihre Grenzen stoßen, als dass ich diesen Satz noch grammatikalisch oder politisch korrekt zu Ende zu führen könnte. Auf alle Fälle fanden sich bei der Abfahrt pünktlich um 6.30 Uhr mit Fabian im Team der KGS Leeste sowie Tom und Henri bei der Lise-Meitner-Schule gleich drei Varreler mit an Bord. In bester Schachmanier bewiesen sie also, dass sie auch vor dem Opfer nicht zurückschreckten, einen Tag lang auf Unterricht verzichten zu müssen.
Begleitet wurden die jungen Schachenthusiasten von Vera Jürgens, ehemalige bulgarische und deutsche Nationalspielerin, Juraj Sivulka, slowakischer Marathoni mit dem Hang, deutsche Dichter zu rezitieren, und natürlich vom Autor, dessen Hauptaufgabe darin bestand, seine Schützlinge auf die Gefahren ungedeckter Figuren hinzuweisen und sie gelegentlich darin zu erinnern, dass Matt das Ziel des Spiels ist. Ansonsten waren meine Jungs turniererfahren und benötigten wenig Betreuung.
Das Turnier hat allen eine Menge Spaß gemacht, auch wenn so manches für unser Dafürhalten kurios ablief.
Zweifellos war es eine gute Idee, trotz großen Spielsaals in der Aula für jede der vier Altersklassen einen eigenen Schiedsrichter zu verpflichten. Die arbeiteten allerdings nicht unbedingt mit-, sondern eher gegeneinander. Und während die eine Gruppe bereits die erste Runde spielte, wurden noch ein paar Tische durch den Raum getragen oder eher über den Boden geschleift, weil man sich offenbar bei der Zahl der qualifizierten Teams verzählt und zu wenig Bretter aufgebaut hatte.
Auch in den Folgerunden wiederholte sich ein Prozedere immer wieder auf‘s Neue: In der WK 4 werden die Bretter freigegeben, 5 Minuten später verkündet der Schiedsrichter über Lautsprecher die Auslosung der WK 3. Hörbar. Deutlich hörbar.
Wir hatten an selber Stelle schon einmal ein Grundschulturnier gespielt, bei dem der erste regelwidrige Zug zum sofortigen Partieverlust führte. Passierte bei Zweitklässlern andauernd. Diesmal erhielten wir ein paar Tage vor dem Turnier eine Mail mit dem Hinweis, wir mögen bitte unsere Spieler informieren, dass der dritte falsche Zug verlieren würde. Das wiederum wurde dann vor Ort aber wieder gekippt und nicht umgesetzt, übersehene Schachgebote blieben straffrei.
Die Kinder schien all das jedoch nicht weiter zu stören und so hatten wir eine schöne Zeit. Sportlich erreichten wir alle unser selbstgestecktes Ziel, angesichts der starken Hannoveraner Konkurrenz bloß nicht Letzter zu werden, ohne Mühe. Die Moordeicher in der WK 2 mit 5:9, die Brinkumer in der WK 3 mit 6:8, die Leester in der WK 4 mit 7:7 Mannschaftspunkten. Das schrie ja förmlich nach einer Belohnung in Form eines kurzen Zwischenstopps bei einer Fastfoodkette nach Wahl. Beziehungsweise nach Verfügbarkeit entlang der B6.
Fabian schien niemand gesagt zu haben, dass die 15 Minuten Bedenkzeit nicht für alle 7 Partien gemeint sind, sondern jedesmal zu Rundenbeginn wieder von vorne anfangen zu laufen und so erblitzte er sich immerhin 4 Punkte am ersten Brett. Mehr wäre möglich gewesen. Tom spielte gleich zwei Altersklasse höher und schlug sich mit 5 aus 7 am zweiten Brett mehr als beachtlich, wobei er auch dem einen oder anderen Zehntklässler eine Lehrstunde erteilte. Und Henri als Auswechselspieler rutschte manchmal vorne herein, damit der Rest der Mannschaft leichtere Gegner bekommt. Er dürfte eine Menge gelernt haben.
Bei der Rückkehr um 17.30 Uhr herrschte dann der einhellige Tenor, dass man die Reise – auch als gemeinsame Fahrt mit den Nachbarschulen – im kommenden Jahr auf jeden Fall wiederholen sollte. Es gilt also, ein Jahr lang fleißig zu trainieren und sich 2020 wieder zu qualifizieren.
Und abschließend, weil einige Unermüdliche ja niemals ein Ende finden können, gebe ich Stefans Turnierbericht vom Sekt oder Selters in Hamburg wieder.
Hier werden die Spieler je nach ihrer Wertungszahl in Vierer-Gruppen eingeteilt und spielen dann innerhalb dieser Gruppe ein Rundenturnier, zwei Partien am Sonnabend, eine am Sonntag. Gemeinsam mit Tom und Mathis machte sich unser Jugendtrainer am frühen Samstagmorgen auf in die Hansestadt.
Mathis startete gut ins Turnier und gewann gleich in der ersten Runde. In der zweiten Runde musste er dann gegen den DWZ-Stärksten ran und hatte leider das Nachsehen. Am Sonntag spielte er lange Zeit sehr souverän, übersah allerdings am Ende ein Grundreihenmatt und brachte sich so um den Lohn seiner Arbeit.
Tom war eine Gruppe höher und dort nach DWZ an Position drei gesetzt. In der ersten Runde kam er schon gleich aus der Eröffnung suboptimal heraus und schlussendlich musste er trotz großen Kampfeswillens die Waffen strecken. In der zweiten Runde musste er sich dem jüngsten Teilnehmer, dem in Bremen bestens bekannten Kaiwen Wang geschlagen geben. Frisch ausgeruht und voller Tatendrang ging es am Sonntag dann gegen den nominell stärksten Gegner. Dieser Wille, zum Abschluss unbedingt noch einmal gewinnen zu wollen, wurde belohnt, da sein Gegner sich verrechnet hatte und seinen Turm gegen einen Bauern getauscht hatte und kurz darauf Matt gesetzt wurde.
Stefan selbst hat natürlich auch mitgespielt, wiederum in einer höheren Gruppe.
In Runde eins gelang die Revanche gegen seinen Erstrundengegner der Niedersächsischen Meisterschaft in Verden, gegen den Stefan im Januar noch das Nachsehen hatte.
Nach einem Remis in Runde 2 hätte eigentlich die Partie am Sonntag über den Gruppensieg entscheiden sollen. Doch es kam anders, Stefans Gegner war nicht anwesend. Damit er nicht den weiten Weg nach Hamburg völlig umsonst gemacht hatte, paarten die Veranstalter ihn kurzerhand gegen einen Spieler einer anderen Gruppe, der ebenfalls keinen Gegner hatte. Vielleicht ist das die Krux mit diesen zweitägigen Turnieren, wir bevorzugen ja eher das Quickstep-Format. Auf alle Fälle gelang Stefan nochmal ein Sieg, woraufhin er mit seinem Zweitrundengegner um dem Gruppensieg blitzen musste. Blitzen ist, das kann ich gut nachvollziehen, eine schwierige Disziplin, und so musste Stefan seinem Gegner zweimal gratulieren. Aber ein nettes DWZ-Plus ist ja auch nicht zu verachten…
So, Ende für den Moment. Doch, liebe Leser, verzagt nicht: Bereits am morgigen Sonnabend sind wir wieder auf Tour, diesmal in Bremerhaven beim Turnier der Jugendserie. Stay tuned!