28. Offene Senioren Einzelmeisterschaft von Sachsen-Anhalt
Unser Neu-Mitglied Lars Milde hat beim gestern beendeten Turnier in Magdeburg die Fahne des TuS Varrel hochgehalten. Hier sein Erlebnisbericht:
Vom 3.8.2020 bis zum 9.8.2020 fanden die 28. Offenen Seniorenmeisterschaften von Sachsen-Anhalt in Magdeburg statt. Im schmucken Maritim-Hotel nur knapp 200 m vom Magdeburger Hauptbahnhof entfernt tummelten sich 70 Senioren. Für mich war neu, dass erstmals auch Ü50-Spieler mitmischen durften, also auch ich! Montag-Sonntag, sieben Tage, sieben Runden.
Die erste Runde, die einzige die am Eröffnungstag ab 15 Uhr gespielt wurde, bescherte mir mit Siegfried Ludwig vom GSV Hemmingen eine lösbare Aufgabe. Nach einigen Irrungen und Verwirrungen im frühen Mittelspiel, gewann ich eine Figur und mit einer hübschen kleinen Abschlusskombination auch die Partie.
Die Veranstalter veröffentlichten nach Rundenende immer auf der Turnierseite im Internet die Auslosung für die nächste Runde. So war ich recht erfreut in der zweiten Partie am Dienstag, jetzt immer ab 9 Uhr, auf Prof. Dr. Norbert Pfitzer (ELO 2068) zu treffen, den Seniorenmeister aus Bremen der letzten beiden Jahre. Mit knapp 250 Elo-Punkten mehr als ich ausgestattet, war ich gewarnt und bereitete mich gut vor. Eins habe ich bei diesem Turnier gelernt, Senioren weichen nicht von ihrem Standarderöffnungsrepertoire ab. In einer spannenden und wechselhaften Partie konnte ich zwei Mal eine Gewinnstellung erreichen, fand aber beide Male nur den zweitbesten Zug. In einer dubiosen Schlussstellung musste mein Gegner mit zwei satten Mehrbauern Dauerschach geben, um nicht selbst matt gesetzt zu werden.
Die Schlussstellung:
Bis heute weiß ich nicht so recht, ob ich nun einen halben Punkt gewonnen oder verloren habe.
In der dritten Runde traf ich mit Michael Bohnstorff auf einen weiteren ELO-Riesen. Irgendwo im Mittelspiel verlor ich einen Bauern, hatte aber fettes Gegenspiel in Form eines gut gedeckten Freibauern auf der vorletzten Reihe. In hochgradiger beidseitiger Zeitnot boten wir fast zeitgleich Remis und nahmen es sofort beide an. Wir mussten beide lachen. Analyse haben wir uns geschenkt, kurz nett geplauscht und dann bin ich mit ein paar grauen Haaren mehr um 12 Uhr ein Bier trinken gegangen, um mich zu beruhigen.
In der vierten Runde spielte ich alles schlecht bis auf die Zeitnotphase. Todesmutig rannte ich mit meinem schwarzen König bis nach h2 und hatte plötzlich einen Freibauern auf der h-Linie. Mein Gegner geriet komplett in Panik, gewann meinen h-Bauern, verlor seinen Läufer und unverdientermaßen hatte ich abermals eine Gewinnstellung, die ich natürlich passend zum gesamten Turnierverlauf noch zum Remis verdaddelte.
Die Krönung des gesamten Turniers war dann Runde 5: Gegen Ralph Kahe, ELO 2165, spielte ich die Partie meines Lebens. Bestens vorbereitet präsentierte ich meinem Gegner eine Eröffnungsvariante, die ich durchs Fernschach bestens kenne. In einem dramatischen Mittelspiel gewann ich drei Leichtfiguren für nur einen Turm und hatte Gewinnstellung, aber wenig Zeit. Mein starker Gegner fing an mich zu beschäftigen und irgendwann verlor ich komplett den Überblick und gab mit Mehrfigur in Remisstellung auf, weil ich Halluzinationen hatte. Ich dachte ich müsste ein Damenschach erdulden und danach würde sein einer Freibauer durchlaufen. Zeitkontrolle geschafft, dann eine Viertelstunde überlegt und aufgegeben. Mein Gegner guckte mich verdutzt an: „Was ‘n los?“ „Nach Dh4 mit Schach läuft doch dein Bauer!?“ „Hä, meine Dame steht auf f1, die kommt gar nicht nach h4!?“ Das war zu viel für mich. Tatsächlich den Tränen nahe, stapfte ich auf mein Zimmer, ging ins Schwimmbad und kam erst Stunden später wieder raus. Am nächsten Morgen tröste mich mein Gegner noch mal, entschuldigte sich für den Sieg. „Wollen wir noch mal analysieren!?“ „Lieber nicht.“
Apropos nächster Morgen: Wenn es nicht so richtig rund läuft…Ich verlor erneut, schlecht gespielt, will ich nicht drüber reden.
In der letzten Runde am Sonntag gewann ich noch mal, schnell und knackig.
Fazit: Wenn ich das pure Endergebnis betrachte könnte man denken, war okay, aber mehr auch nicht. Ich finde es war bis auf die sechste Runde ein großartiges Turnier! Ich hatte nur zwei Gegner mit einer schlechteren ELO als der meinen, gegen beide habe ich gewonnen. Gegen die anderen habe ich alles reingeschmissen und war absolut auf Augenhöhe. Was fehlt ist der Killerinstinkt, den Sack dann auch mal final zuzumachen…ich arbeite dran!
(Lars Milde)