Neun Tage Schach in Reinstorf bei Lüneburg
Ein Turnierbericht von Lars Milde
Vom 29.01.2022-06.02.2022 fand im Reinstorf ca. 15 km entfernt von Lüneburg das Chessemy-Open mit knapp 170 Schachspieler aus ganz Deutschland statt. Mit meinen Freund Robert Klemm machten wir uns mit zwei Autos auf den Weg. Da wir nicht im gleichen Hotel wohnten, ich in Reinstorf Robert mitten in Lüneburg, sahen wir uns in den neun Tagen eigentlich immer nur zu den Runden um 11 Uhr, was anders geplant war, aber auch am hundsmiserablen Wetter lag, denn es regnete und stürmte ununterbrochen Tag uns Nacht. Wenn man die Neigung gehabt hätte, wäre man sicher depressiv geworden.
In der ersten Runde bekam ich eine junge Dame ohne Rating, die schon früh eine Figur einstellte und relativ glatt verlor:
Das Los beschwerte mir in der zweiten Runde einen starken Gegner: Matthias Budzyn mit der stolzen ELO von 2139. Mit Weiß und einem mutigen Königsgambit schaffte ich es meinen Gegner komplett zu überspielen und in folgender Stellung hätte ich ihn forciert mattsetzen können:
Leider fand ich am Brett den schönen Zug 43.Thh3! nicht und in Gewinnstellung aber mit nur noch wenigen Sekunden auf der Uhr musste ich schließlich Dauerschach geben und mich mit dem Remis begnügen.
Mein Schockstarre ob der verpassten Chancen in dieser Partie, zauberte mir die Auslosung der dritten Runde sofort ein Lächeln aufs Gesicht: WGM Melanie Lubbe war die Gegnerin. Ich hielt bis zur ersten Zeitkontrolle sehr gut mit. Die spätere Analyse zeigte, dass ich wohl stets etwas schlechter stand, was mir in der Partie gar nichts so klar war, ich hielt es stets für einigermaßen ausgeglichen. Dann passierten abenteuerliche Dinge in Zeitnot. Anstatt mit meinem König wichtige Zentrumsfelder zu decken und den König nach f6 zu stellen, kam es aus heiterem Himmel zu folgender Stellung:
Gefühlt der halbe Turniersaal fragte mich nach der Partie, warum ich nicht Td2+ gezogen habe? Die Antwort ist ganz einfach: Ich war in absoluter Zeitnotpanik wegen des freien h-Bauern und meine Idee von Sc4 war Se5…Ich habe es schlichtweg nicht gesehen. Melanie meinte nach der Partie sie hätte Td2+ auch erst gesehen als sie gerade Te8 gezogen hatte. C-est la vie! Das Endspiel habe ich dann glatt verloren, da war die großmeisterliche Technik meiner doch weit überlegen. Nach dem ich den f5-Bauern noch verloren hatte, ging mir die Lust auf die Partie verloren und ich gab auf. War eine tolle Partie…zweiter Matchball verschlagen.
In der vierten Runde fuhr ich einen kampflosen Coronapunkt ein, mein Gegner wurde positiv getestet und durfte fortan nicht mehr mitspielen. Ich nutze die freie Zeit um Bilder für den Veranstalter zu machen.
Über die fünfte Runde möchte ich eigentlich gar nicht berichten. Völlig von der Rolle verlor ich gegen den starken Christoph Ramme (ELO 2140), der meinen lächerlichen Angriff so was von abgezockt konterte, dass ich leicht resigniert erkennen musste, dass ich Sizilianisch mit c3 nicht verstehe.
Die sechste Runde war dann der absolute Knaller. Ich musste gegen Robert spielen, meinen dauerhaften Angstgegner und besten Freund. Keiner kennt meine Schwächen so gut wie er. Zu allem Unglück wollte er ein schnelles Remis und ich wollte spielen, weil ich auf einen weiteren schachfreien Tag so gar keinen Bock hatte. So kam, was kommen musste: Ich überspielte Robert, gewann einen Turm und wollte gierig seine auf Abwege geratene Dame fangen, was leider an einer kleinen Feinheit scheiterte:
In der siebten Runde traf ich dann auf einen alten Bekannten von den Bremer Seniorenmeisterschaften: Hermann Wrage. In den letzten drei Runden wollte ich noch mal alles reinhauen, was ganz gut gelang. Relativ entspannt gewann ich mit Schwarz, gut vorbereitet, weil die Eröffnungswahl des 73-Jährigen doch leicht ausrechenbar war. Ich wiederholte lange sein Verlustpartie aus der ersten Runde und gewann sicher.
In der achten Runde holte ich ein glückliches Remis und gewann meine schachstrategisch beste Partie in der Schlussrunde sicher.
Mit fünf Punkten aus neun Partien landete ich auf Platz 59.
Robert wurde mit 4,5 Punkte 83. Im Gesamtklassement, holte er aber den Rating-Preis <1800 und gewann satte 250.- Euro, Eigentlich müsste er mir die Hälfte davon abgeben ?.
Lars Milde